Ab und an fahren Busse hin, Bahnanschluss gibt es nicht: Wenn man von Kassel eine Weile nach Süden fährt, muss die suchende Person die Augen offen halten, um den kleinen Smartphone Hersteller zu finden, der sich perfekt ins Fachhäuserdorfbild integriert. Shift vertreibt selbst entwickelte Elektronik, vor allem Smartphones. In dem Zuge möchten Sie Gutes tun und sprechen von Wertschätzung, Sinnmaximierung und Liebe: Leere Worthülsen oder ein reiches Fundament für die Realisierung von Nachhaltigkeitsvorstellungen?

Shiftphones hat es geschafft unabhängig von Investoren Smartphones auf dem Markt anzubieten. Diese sind modular aufgebaut und garantieren lange Ersatzteilverfügbarkeiten. Es gibt ein Pfandsystem für die Smartphones. Sie sind auf Langlebigkeit ausgelegt. Während Ifixit die Reparatur des Shiftphones 5.1 noch mit 6/10 Punkten eher abgewertet hat, ist schon das Shiftphone 6m auf 9 Punkte geklettert.
Die Internetseite wirkt sofort sehr eloquent. Sie strahlt Professionalität, Vertrautheit und Nostalgie aus. Schöne Bilder, Videos und Worte umwerben die betrachtende Person. Gleichzeitig gibt es kein „Über uns“, keine Suche und keine schnell erreichbare Rubrik, die die Nachhaltigkeitsansprüche direkt belegen.

Da gehen bei mir recht schnell die Alarmglocken an- Transparenz ist das Wichtigste. Als Herzstück der Transparenz ist der Wirkungsbericht von 2019, der leider schon 4 Jahre alt ist und auf den auch vorher schon länger hingefiebert wurde. Neben dem Wirkungsbericht findet man einige Informationen im Blog. Shift sagt selber, dass sie so transparent wie möglich sind für Journalist*Innen, die kritisch nachhaken.
Als in den Medien in Bezug auf nachhaltige Elektronik gerne sehr positiv präsentiertes Vorzeigeunternehmen, befindet sich Shift in einer Bringschuld der Informationen. Es ist politscher Wille die Klimakrise vor allem durch technologischen Fortschritt zu lösen. In der Wissenschaft und den zivilgesellschaftlichen Organisationen ist dieser Gedanke schon lange als gefährlicher Irrglaube identifiziert worden. Shift reproduziert, wenn auch ungewollt, das Narrativ des unbegrenzten Wachstums, aufgrund technischen Fortschritts, wenn es nicht für eine zugängliche, transparente Auseinandersetzung mit den eigenen Handlungen sorgt. Shift muss daher selber überdurchschnittlich gut Informationen zusammenstellen und transportieren.

Denn positive Berichte findet man schnell, kritische Berichtserstattung muss man schon länger suchen und sind mittlerweile eher 4 Jahre alt.

Mir fehlt eine generell kritische Auseinandersetzung bei Shift: Was machen wir überhaupt? Was machen wir gut? Wo fehlt es?
Es gibt genügend Vorlagen zum Zusammenstellen von Informationen bzgl. der sozialen und ökologischen Verantwortung innerhalb der Lieferkette. Es fehlt an einer Roadmap: Was ist kurz- , mittel- und langfristig geplant?

Unwidersprechlich ist die Dokumentation eine Frage der Ressourcen. Aber eine Seite zu dem Thema auf der Webseite mit einer kleinen Roadmap und einer Tabelle mit Pros und Cons zB ist schnell gemacht.

Ich finde die Bilanzierung im Sinne der Gemeinwohlökonomie sehr gut. Auch die Initiative sich an einem Forschungsprojekt zu beteiligen, um die Gesamtheit der Rohstoffe in einem Smartphone zu analysieren, ist mir neu und ich bin gespannt auf die Ergebnisse.
Beim Besuch bermerkte ich eine grundlegende Herzlichkeit und schöne Atmosphäre. Es fällt auf, dass die Geschäftsführer nicht auf Gewinne aus sind, sondern nach einem guten Leben nicht nur für sie selber. Ich glaube, sie meinen es mit der Nachhaltigkeit ernst, wenn auch strukturell bedingt vornehmlich im Raum ihrer eigenen Wahrnehmung.

Die Gedanken von Samuel zur Rückgabe des Unternehmens an die Gemeinschaft sind klasse, auch wenn Sie leider noch nicht vor der Tür stehen. So könnten noch diversere Einflüsse aus Umwelt- und Sozialbewegungen Einzug in das Unternehmen bekommen und es könnten sogar Räume für eine politische Beteiligung entstehen.  Dafür muss man aber nochmal mehr Zeit mitbringen. Und die ist begrenzt. Besonders für so ein kleines Unternehme wie Shift, die es auch schon echt ganz gut machen.

Mehr Infos? Hört euch unbedingt Folge #2 auf allen gängigen Streamingplatformen an an und teilt Sie!

Viel Spaß beim Hören!

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